11.06.2024
Die Kirche in Riedebeck wurde kürzlich zum Anlaufpunkt für eine Gruppe Sachverständiger. Landeskonservator Thomas Drachenberg und Mechthild Noll-Minor, beide vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege, informierten sich über den Stand von Arbeiten in der mittelalterlichen Kirche. Großflächige Wandmalereien im Innenraum, die in den 1960er Jahren freigelegt wurden, sind im Rahmen eines aktuellen Projektes zum Gegenstand von Untersuchungen geworden. Fluoreszenz-Reflex- und Infrarotaufnahmen machen Dinge sichtbar, die das menschliche Auge nicht erfasst. Dabei kamen in Riedebeck beeindruckende Details zutage, die einen komplexen Bildaufbau wie bei mittelalterlichen Gemälden erkennen lassen. Technologien dieser Art helfen bei der Entscheidung, was und wie später restauriert werden sollte. Nicht nur anhand der Malereien in Riedebeck diskutierten die Experten auch, wie das Wissen über Geschichtszeugnisse dieser Art über die Fachwelt hinaus verstehbar und zugänglich gemacht werden kann. Die meisten Kirchengemeinden sind mit diesen Aufgaben personell und finanziell überfordert. In der Region Luckau ist der Förderkreis Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz beispielgebend. Vergleichbare Initiativen sind selten. Mechthild Noll-Minor, die auch Honorarprofessorin an der Fachhochschule Potsdam ist, sieht eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung.
Im Auftrag der evangelischen Kirchengemeinde und in Zusammenarbeit mit dem Förderkreis Alte Kirchen in der Luckauer Niederlausitz arbeitet Restauratorin Sonia Cardenas an dem Projekt. Aus dem Kunstgutfonds des Kirchenkreises Niederlausitz sind Mittel für das Projekt bereitgestellt worden.
Franziska Dorn
die Kirche Riedebeck
Bei der Kirche in Riedebeck handelt es sich um einen spätromanischen Feldsteinquaderbau mit typischer Staffelung aus Ostapsis, eingezogenem quadratischen Chor, rechteckigem Langhaus und einem Westturm in Schiffsbreite. Der Baubeginn wird derzeit um 1220/30 datiert. Etwas später wurde der Turm an das Schiff angesetzt, spätestens aber 1300 fertig gestellt. Apsis und Turm bestehen aus Granitquadern, die Gebäudeecken und verschiedene Formteile wurden in Raseneisenstein ausgeführt. (z.B. der Rundbogenfries an der Apsis sowie die beiden romanischen Rundbogenportale auf der Südseite). Aus der Spätromanik sind die Fenster in Chor und Apsis erhalten, die übrigen hat man um 1960 rekonstruiert.
Während der Sanierungsarbeiten Anfang der 60er Jahre entdeckte man im Chorraum einen mittelalterlichen Ziegelfußboden. Stilistisch und herstellungstechnisch ist er in das späte 13. bzw. frühe 14. Jahrhundert einzuordnen und könnte damit die Vollendung des Kirchenbaus markieren. Etliche der Backsteinfliesen weisen noch heute eingetiefte Reliefs mit folgenden Motiven auf: stilisierter Adler mit links gewendetem Kopf und ausgebreiteten Schwingen (Symbol der Auferstehung und der Taufe), Hakenkreuz/Rune (in romanischem Zusammenhang unheilabwendendes Symbol, speziell Schutzmittel gegen den Teufel) sowie ein siebenzackiger Stern in einem Kreis.
Beide in Riedebeck vorhandenen Altartische (Mensen) stammen aus dem Mittelalter. Jener in der Apsis wurde aus Raseneisenstein aufgemauert und besitzt eingeritzte Weihekreuze. Vor dem Triumphbogen steht ein spätmittelalterlicher Schnitzaltar aus der Zeit um 1500. In seinem Zentrum steht Anna Selbdritt, begleitet von der heiligen Barbara und der heiligen Margaretha. Das Kruzifix im sog. „Gesprenge“ zwischen Maria und Johannes stammt bereits aus der Zeit um 1400. Auf den Rückseiten der Altarlügel sind Reste einer Malerei mit Maria und dem Verkündigungsengel zu erkennen. Dieses Retabel (und ebenso das im benachbarten Goßmar) zeugt vom Einfluß schlesischer Werkstätten in der Niederlausitz zur Zeit der Jagiellonen, die um 1500 eines der größten Königreiche des Mittelalters beherrschten. Es reichte vom Baltikum zum Schwarzen Meer und zur Adria. Ab etwa 1490 gehörte auch die Niederlausitz zum Jagiellonenreich, weshalb hier zahlreiche Flügelaltäre entstanden, die sehr eng verwandt sind mit Zeugnissen schlesischer Werkstätten.
Annegret Gehrmann