23. Juli 2024
Ist das auch Ihr Stoßseufzer in der Ferienzeit? Die Zeugnisse sind ausgegeben. Die meisten haben einen Plan für diese vor uns liegenden Wochen. Mit dem Flieger in den Süden. Mit dem Rad zur Ostsee. Mit dem Zug nach Paris zu den Olympischen Spielen. Mit dem Auto an den Gardasee. Urlaubszeit, Reisezeit ... und natürlich mit entsprechenden Erwartungen behaftet.
Nicht allen gefällt unsere Art, Urlaub zu machen. Auf Malle wird gegen den Massentourismus demonstriert. Aber auch auf Balkonien ist Urlaub möglich.
Allen ist gemein: Endlich mal dem Alltagsstress entfliehen, Zeit haben für die Dinge, die sonst zu kurz kommen, die schönen Seiten des Lebens genießen, in der Ferne Neues entdecken, in der Nähe die übersehenen Schönheiten wahrnehmen, ausschlafen, faulenzen, Freunde treffen, Unternehmungen machen mit der Familie oder auch allein - es gibt so viele Wünsche und Träume, dass das Ganze schon wieder in Stress ausarten kann, wo doch eigentlich Entspannung dran sein sollte.
Urlaub und Ferien wie sie heute selbstverständlich sind, sind menschliche Regelungen, oft genug hart erkämpft.
Der Kern jedoch, der Rhythmus von Arbeit und Ruhe, ist fest in Gottes Schöpfung verankert: Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte.(1.Buch Mose 2,2-3) Ohne diesen besonders gewichteten und geschützten siebenten Ruhetag wäre die Welt unvollständig, würde alles nur in Arbeit versinken. Wir brauchen die Unterbrechung, das ganz Andere, den Ortswechsel. So können Sie auch die Urlaubszeit in den Zusammenhang der Schöpfung stellen und als Geschenk Gottes verstehen. Zeit, die Ihnen geschenkt ist, um unbelastet von alltäglichen Pflichten den eigenen Platz in der Welt neu in den Blick zu nehmen.
Ob auf Reisen, in der Begegnung mit anderen Ländern, auf Balkonien, auf Radtouren und Wanderungen, am Badesee ... - Sie können überall Nischen und Inseln finden, die Seele baumeln zu lassen und neu in Kontakt kommen mit sich selbst, Ihren Mitmenschen, mit der Umwelt und mit Gott
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine schöne, gesegnete, erholsame und anregende Sommer- und Urlaubszeit.
Maik Hildebrandt ist Pfarrer in Sonnewalde
15. Juni 2024
Bei Tante Till waren Propheten etwas ganz Hervorragendes – sie versprachen süßen Nachtisch. Tante Till nannte Teelöffel so, wenn sie mittags mit eingedeckt wurden und anzeigten, dass es Dessert gab. Die Propheten in der Bibel verkünden keinen Nachtisch und selten etwas Angenehmes. Damit waren sie einmalig im alten Orient. Andere Propheten an den Königshäusern in Babylonien, Ägypten und Persien sprachen ihrer Herrschern nach dem Mund und verkündeten Heil und Wohlergehen, Reichtum und eine stabile Herrschaft – also alles, was sich der Herrscher selbst wünschte. Die Propheten im Alten Testament waren da schon kritischer. Kritischer gegenüber ihren Herrschern, aber auch gegenüber ihrem Volk. Und ein Thema zieht sich durch und findet man in allen prophetischen Büchern der Bibel: Die mangelnde Fürsorge für Witwen, Waisen und Fremdlinge. Jesaja, Jeremia und Ezechiel, Amos, Sacharja - und wie sie alle heißen - klagen den jeweiligen König und das Volk an: Ihr vergesst die, die sich nicht selber helfen können, die auf euch und eure Unterstützung angewiesen sind, die keine Fürsprecher in dieser Welt haben. Und Gott hat es euch ganz anders geboten! Ins Heute übersetzt sind die Witwen, Waisen und Fremdlinge die Alleinerziehenden, die Bürgergeldempfänger, die Flüchtlinge, die marginalisierten Gruppen, die auf Unterstützung durch das Sozialsystem angewiesen sind. Das gab es also auch schon früher. Und auch schon früher hatten sie es schwer, waren gesellschaftlich nicht anerkannt und mussten kämpfen, um durchzukommen. Die Propheten mahnen das an: Vergesst sie nicht! Kümmert euch! Denn: Euch könnte es auch mal so gehen. Gott hat euch geboten, für sie zu sorgen und füreinander einzustehen, auch wenn ihr nicht verwandt seid oder einander etwas schuldet. Dann haben die Propheten der Bibel doch etwas mit den Propheten von Tante Till gemeinsam: Wenn ihr den Auftrag Gottes annehmt und ihn erfüllt, dann folgt daraus etwas ganz Hervorragendes - mindestens genauso gut wie Schokoladenpudding mit Vanillesoße - dann verspricht Gott Heil und Segen für das ganze Volk. Gemeinschaft gelingt, und Frieden untereinander wird sein.
Ulrike Garve ist Pfarrerin in Lübbenau und Umland